Zwischen Christuskreuz und Hakenkreuz

Eine Spurensuche zur Napola-Zeit des Missionshauses St. Wendel

In der Video-AG waren wir nach den Sommerferien auf der Suche nach einem neuen Filmprojekt. Als im September das Thema „Gott und die Welt – Religion macht Geschichte“ für den aktuellen Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten bekanntgegeben wurde, von dem wir eher zufällig erfahren haben, war uns schnell bewusst, dass ein Projekt zu unserer Schule sich geradezu anbieten würde.Auf der Suche nach einer spannenden Zeit in der Geschichte des Klostergebäudes sind wir schnell darauf gestoßen, dass das Missionshaus unter dem Nationalsozialismus 1941 enteignet und als eine „Nationalpolitische Erziehungsanstalt“ (N.P.E.A.), eine NS-Eliteschule, genutzt wurde. Besonders hat uns an diesem Thema gereizt, dass wir selbst gar nichts darüber wussten und, dass es sowohl in der Forschung als auch am Missionshaus selbst nur sehr wenige Publikationen zum Thema gab. Ein „weißer Fleck“ in der lokalen Kirchengeschichte war gefunden. Wir nahmen uns vor, insbesondere Spuren der „Napola“-Zeit zu suchen und Zeitzeugen zu befragen, um den bisher im Dunkeln gebliebenen Alltag an der N.P.E.A. zu verstehen. Ergebnis unserer Arbeit ist ein 30-minütiger Dokumentarfilm, der inzwischen mit einem Landespreis des Geschichtswettbewerbs ausgezeichnet wurde.
Unsere Recherche begann in zahlreichen Archiven wie dem Missionshausarchiv, dem Landesarchiv des Saarlandes, dem Bundesarchiv und Privatarchiven. Schnell zog unser Projekt weite Kreise, sodass wir auch den Kontakt zu einem Militärarchiv in Washington suchten.
Daraufhin haben wir noch lebende ehemalige St. Wendeler Napola-Schüler gesucht und gefunden, befragten aber auch Zeitzeugen, die zu dieser Zeit St. Wendeler Bürger waren. Damit begann die spannendste Phase unserer Recherche, in der wir selbst auch einen Ausflug nach Oranienstein bei Diez an der Lahn unternahmen, um die damalige „Mutteranstalt“ der Napola St. Wendel zu besuchen. Schwierig war es, bei den vielfältigen Informationen (immerhin über 150 Quellen) den Überblick zu behalten und auch passendes Bildmaterial zu sammeln.
Nachdem wir ein Skript und Drehbuch verfasst hatten, sprachen Julia und Herr van Hoof die Zitate und Kommentare ein. An den ersten vier Tagen der Fastnachtsferien vervollständigten wir in einer Marathonsitzung unser Projekt, indem wir Grafiken erstellt, Audiodateien bearbeitet und den Film schließlich zusammengeschnitten haben.
Rückblickend zeigt sich, wie komplex die Thematik eigentlich ist: Unsere Recherche erlaubt es nicht, ein allgemeines Urteil bezüglich der Indoktrination der Napola-Schüler in St. Wendel zu fällen. Obwohl es diese sicher gab, ist sie nicht gravierend in den Erinnerungen der Zeitzeugen geblieben – immer wieder wurde der Abenteuercharakter des Lebens an der Schule für die damals kleinen Jungs betont. Ein weiteres erstaunliches Ergebnis unserer Recherche war aus unserer Sicht, wie gut die ehemaligen Napola-Schüler sich an die vergangene Zeit erinnern können – ein Glücksfall für uns. Wir haben auch durch Anekdoten (zum Beispiel mussten die Schüler zur Aufnahmeprüfung von einem Balkon aus fünf Metern Höhe in ein Sprungtuch springen) einen Bezug zur Lokalgeschichte und unserem Schulgebäude hergestellt; auch haben wir im Missionshaus durch die Recherche zahlreiche neue Räume kennengelernt. Die Zeitzeugengespräche waren schließlich auch einzigartige Erfahrungen für uns, aus denen wir viel mitgenommen haben. Wenn wir jetzt durch die Gänge der Schule gehen, haben wir ein anderes Bewusstsein für die Geschichte des Gebäudes.

Unser besonderer Dank gilt den Zeitzeugen, den Lokalhistorikern und für ihre große Unterstützung und Begleitung des Projekts Herrn Mayer und Herrn Burgard, sowie allen, die zum Gelingen des Projektes beigetragen haben.