Vortrag zur kulturellen Begegnung mit dem Judentum
Wer am St. Wendeler Arnold-Janssen-Gymnasium an einem Montagmorgen im Sommer Mittelschüler zu einem Vortrag über jüdische Festtagskultur in die Aula zusammenruft muss seine Sache gut meistern, um die nötige Aufmerksamkeit zu finden. Die aber hatte Arie Rosen, aus Jerusalem angereister Referent, und zwar deshalb, weil er zuerst einmal nicht sprach, sondern auf den Tischen vor sich viele jüdische Kultgegenstände ausbreitete. Arie Rosens Ziel aber war es, den Schülern die uns fremde und in alten Zeiten gründende Weise nahezubringen, wie und warum Juden Schabbat feiern, und das hat er mit Bravour geschafft.
Der Selbstvorstellung des Referenten war zu entnehmen, dass er in Deutschland geboren wurde und mit seiner bekannten Mutter Lea Fleischmann bereits als Jugendlicher nach Israel auswanderte, wo er den Militärdienst und auch ein Hochschulstudium absolvierte. Arie Rosen bekannte freimütig, dass er erst allmählich wieder in die Tiefen seiner Religion eingetaucht ist und als junger Erwachsener manches neu bewerten lernte. Im Rahmen der Aktion Kulturelle Begegnungen – Judentum kennenlernen“ besucht er immer wieder sein Geburtsland, um in beeindruckenden Vorträgen zu erklären, wie Juden glauben und Sabbat feiern, und zur Verständigung zwischen den Religionen beizutragen.
Die vielen mitgebrachten Kultgegenstände wie u.a. eine Torarolle samt metallenem Stift, Teffilin (Gebetsriemen) und Mesusa (Gebetskapsel für den Türrahmen) wurden während des Vortrags erläutert und durchgereicht. Besonders beeindruckend fanden die Schüler dabei die filigrane Verarbeitung der größtenteils handgearbeiteten Exponate und reichten sie achtsam weiter. Mit Freude versuchten sie sich auch darin, mit Arie Rosen gemeinsam ein Schabbatlied einzustudieren.
Eingekleidet in jüdischer Festtagskleidung führte Arie Rosen aus, dass der Sabbat bereits am Freitagabend mit Einbruch der Dunkelheit beginnt und zwar mit einem Festmahl in der Familie, um der Freude über das Schöpfungswerk Gottes Ausdruck zu geben. Vor diesem Mahl wird das ganze Haus gereinigt und zum Mahl wird eine zuvor über Stunden auf dem Herd köchelnde Speise gereicht. Der Mutter kommt dabei die besondere Aufgabe des Segensspruches und dem Familienvater die des Friedensgrußes zu.
Der Samstagmorgen findet für Juden in der Synagoge statt, wo feierlich aus der Tora (religiöse Schriftenrolle) verlesen wird. Den besonderen Tag schließen weitere Mahlzeiten mit Gebeten und Segenssprüchen ab.
Besonders aufmerken ließ die Information, dass am jüdischen Ruhetag, der bereits in der Schöpfungsgeschichte vermerkt ist, nicht gearbeitet wird. Dies veranlasste Schüler mit Arie Rosen zu diskutieren, was man unter Arbeit verstehen muss und ob es gute Gründe für Ausnahmen zu diesem Gebot geben kann. Arie Rosen zeigte sich dabei aufgeschlossen, unterschied zwischen konservativen und liberalen Juden und stellte die notwendige Arbeit von Krankenhäusern, Polizeikräften und der Feuerwehr heraus. Die Erkenntnis aber, dass ein Tag der Erholung und Zurückgezogenheit ein Zugewinn ist, wirkt sicher nachdenklich, wenn man bedenkt, dass heute 27% der Beschäftigten in Deutschland auch sonntags arbeiten.
Nach 90 Minuten endete mit starkem Applaus ein eindrucksvoller Vortrag, der viele Zuhörer zum Nachdenken über die Bedeutung des christlichen Sonntags anregte und zum tieferen Verständnis einer ausdrucksstarken Religion beitrug.
Abschließend geht ein herzliches Dankeschön auch an die Sparkassenstiftung St. Wendel, die die Unkosten für das spannende Projekt übernommen hat.
Christoph Paul, Religionslehrer