Philosophiekurs bei Karl Marx

Am Samstag, dem 15.09.2018, war der Philosophie-Kurs 12 zu einer Exkursion nach Trier aufgebrochen.

Da der Lehrplan vorsieht, dass die Schüler sich auch mit der Philosophie von Karl Marx auseinander setzen, wollten wir im Jubiläumsjahr – Karl Marx wurde 1818 geboren – auch schauen, was sich Stadt und Karl-Marx-Museum alles haben einfallen lassen, um den berühmten Sohn der Stadt Trier zu ehren.

Als Beginn der Exkursion hatten wir die Porta Nigra gewählt, wo sich quasi schräg gegenüber das Wohnhaus der Familie Marx befand. Hinter der Tourist-Information innerhalb des Geländes des Simeonstiftes steht seit zwei Monaten die übergroße und eigentlich nicht schöne, aus Bronze modellierte Figur des Karl Marx.

Lange ist ja gestritten worden darüber, ob die Stadt Trier die von der Volksrepublik China anlässlich des Jubiläumsjahres 2018  geschenkte Statue überhaupt annehmen soll. Nachdem das positiv entschieden worden war, musste man klären, wo sie denn stehen könne. Jetzt also etwas abseits – aber in der Nähe zum Parkplatz der Kaufhof Galeria.

Immerhin: Marx mit Buch in der Hand als Symbol für die Weiterbildung der Menschheit ist ein beliebtes Fotomotiv – wir mussten gleich zweimal vorbeikommen, damit wir ein Gruppenfoto machen konnten; zu viele Gruppen drängten sich um die Statue. Die fünf Ecken des abgetrepptenSockels, auf dem die Statue steht, weisen auf die Städte, in denen Marx wirkte oder zu denen er einen besonderen Bezug hatte: Trier, Berlin, dann Hamburgals Sitz seines Verlegers Otto Meissner, Paris und schließlich London, wo Marx von 1849-1864 und von 1872 bis zu seinem Tod 1883 lebte. Dort gibt es das Familiengrab der Familie Marx, in dem auch Lenchen Demuth, die aus St. Wendel stammende Haushälterin der Familie Marx, beigesetzt ist.

Weiter ging es durch die Simeonstraße, die eigentliche Fußgängerzone Triers, zum Hauptmarkt. Auf dem Weg dorthin bewunderten wir das Dreikönigenhaus (errichtet 1230), ein frühgotisches Wohnhaus, das aus einem romanischen Wohnturm entstand. Interessant ist, dass sich der Haupteingang im 1. Obergeschoss befindet und nur über eine Zugbrücke erreicht werden konnte. Im Falle von Gefahr konnte diese eingeholt werden. In Trier gab es wahrscheinlich sieben bis zehn solcher wehrhaften Wohntürme, die als Wohnsitz wohlhabender und politisch einflussreicher Familien dienten.

Danach erreichten wir das Judenviertel.  Das mittelalterliche Judenviertel entwickelte sich bis zum 14. Jahrhundert zu dem am dichtesten bebauten Bereich innerhalb der Stadtmauer. In enger Nachbarschaft zu den christlichen Bewohnern der Stadt lebten hier jüdische Familien, zusammen bis zu 300 Personen. Sie bildeten eine Gemeinde mit Synagoge und anderen religiös-kulturellen Einrichtungen.

Ein Judenviertel ist kein „Ghetto“. Trotzdem gab es eine gewisse Trennung zwischen jüdischen und christlichen Wohnhäusern. Am Sabbat wurde das Viertel zu einer Grenze („Eruv“), die man als Jude nicht überschreiten durfte. Bei Gefahr sollte das Judenviertel Schutz bieten. In einer solchen Situation einigten sich Erzbischof und Stadtgemeinde 1338 darauf, dass die Türen und Fensteröffnungen der jüdischen Wohnungen, „die zu den öffentlichen Straßen von Trier hinausführen“, zugemauert werden sollten. Die Zahl der Zugänge zum Viertel wurde damals auf drei Pforten begrenzt. Die Tore waren nachts geschlossen und tagsüber geöffnet.

Am Hauptmarkt angekommen, haben wir uns den mittel- und neuzeitlichen Streit zwischen Bischof und Stadt sozusagen plastisch-architektonisch angesehen: Anfang des 16. Jahrhunderts (1507) hatte die Bürgermeisterwitwe Adelheid von Besselich  die beiden obersten Turmstockwerke der Trierer Stadtkirche St. Gangolf gestiftet. Der Turm der Marktkirche überragte so mit seinen nun 62 m Höhe die Türme des Doms. Das ließ sich der damalige Erzbischof Richard von Greiffenklau nicht gefallen und den Südturm des Doms aufstocken. Für den Nordturm scheint kein Geld mehr übrig geblieben zu sein, denn die Türme des Trierer Doms sind seither unterschiedlich hoch.

Ein weiteres Indiz für das oft gespannte Verhältnis zwischen Bischof und Stadt kann man am Haus ‚Steipe‘ sehen: Zwei Statuen befinden sich auf Höhe des ersten Obergeschosses; es handelt sich um zwei Ritter in voller Rüstung. Der Symbolgehalt dieser Figuren ist kennzeichnend für den Bau: während die linke, der „Bürgerkirche“ St. Gangolf zugewandte Figur, ihr Visier offen trägt, hat die rechte, dem Bischofsdom zugewandte Figur, ihr Visier geschlossen. Symbolisch soll hier der Schutzcharakter gegenüber der Bürgerschaft und die Kampfbereitschaft gegen den Dom zum Ausdruck kommen.

Dann endlich das Karl-Marx-Museum: In diesem Haus in der Brückenstraße ist Karl Marx geboren; allerdings lebte die Familie Marx nur bis 1819 dort, bis sie dann in das oben erwähnte Wohnhaus in der Simeonstraße zog.

Das Museum widmet sich in einer kulturhistorischen Ausstellung diesem bedeutenden Denker des 19. Jahrhunderts und beleuchtet sein Leben, seine wichtigsten Werke und das vielfältige Wirken in seiner Zeit.

Die Ausstellung führt vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart.  Als Marx 1883 in London stirbt, hinterlässt er keine geschlossene Lehre. Diese wird durch nachfolgende Generationen geformt. Insbesondere sozialistische und kommunistische Regimes weltweit instrumentalisieren Marx, der zur politischen Reizfigur wird. Die Finanzkrise von 2007/2008 löst die aktuelle „Marx-Renaissance“ aus. Sie lenkt den Blick wieder auf seine Analysen des kapitalistischen Wirtschaftssystems und seine Forderung nach Emanzipation für die gesamte Menschheit. Highlights der Ausstellung sind neue Originalobjekte wie ein Briefentwurf von Marx und sein Londoner Lesesessel. Diese extra für das Jubiläumsjahr 2018 neu konzipierte Ausstellung ist ansprechend und schülernah gestaltet.

Karl Marx recherchierte sehr penibel. Vor allem für das nie vollendete „Kapital“ zeigt sich dies in der Ausstellung ausschnitthaft an einer eng bekritzelten Seite (von etwa zehntausend erhaltenen Exzerpten) oder von collageartigen Kladden mit eingeklebten Wirtschafts- und Finanzartikeln. Dass die nächtelangen Recherchen gesundheitliche Schäden verursachten, verschweigt die Ausstellung nicht und führt die „Kurorte“ Karlsbad, Algier – wo er seinen ikonischen Bart abrasieren ließ – und Monte Carlo auf, das er als „Gerolstein“ verächtlich machte.

Insgesamt eine gelungene Exkursion, die den sehr umstrittenen Philosophen unseren Schülerinnen und Schülern näher brachte.